Blitzerfolg für E-Autos von Xiaomi: Macht Chinas Handy-Gigant alle platt?

4.800 Bestellungen pro Minute für neuen Xiaomi
Macht Chinas Handy-Gigant mit E-Autos alle platt?

Veröffentlicht am 27.06.2025

Kurz nachdem Xiaomi am 26. Juni 2025 sein zweites Fahrzeugmodell – den YU7 – vorgestellt hatte, ging eine regelrechte Bestell-Lawine auf den Handyhersteller nieder. Innerhalb der ersten Stunde nach Öffnung des Bestellsystems bestellten über 289.000 Menschen einen YU7-Neuwagen. Das sind nochmals deutlich mehr als beim schon rekordverdächtig gestarteten Debütmodell SU7 im vorangegangenen Jahr. Xiaomi punktet dabei offenbar nicht nur über den Preis, sondern stellt gezielt die Performance der Autos in den Mittelpunkt – etwa mit Nürburgring-Rekorden für viertürige Serien-Autos.

Der regelrechte Hype um die Elektroautos von Xiaomi trifft die Branche und die Konkurrenten eigentlich in einer Zeit der Kauf-Zurückhaltung. Gerade der größte Mitbewerber Tesla strauchelt derzeit bei den Absatzzahlen auf dem chinesischen und dem weltweiten Markt. Für das Model Y etwa sind die Verkäufe in Europa im Vergleich zum Vorjahr um bis zu 50 Prozent eingebrochen. Tesla-CEO Elon Musk soll bereits seinen langjährigen Vertrauten und hochrangigen Tesla-Manager Omead Afshar entlassen haben. Afshar war für den Vertrieb und die Produktion in Europa und Nordamerika verantwortlich.

"Eines der besten China-Autos"

Die Erfolgskurve von Xiaomi scheint dagegen nur eine Richtung zu kennen: nach oben! Die Elektro-Limousine SU7 – ein flacher Viertürer im Stil des Porsche Taycan – gelang dem Unternehmen 2024 jedenfalls ein beachtlicher Markteinstieg in China. Bereits wenige Monate nach Marktstart lagen über echte 248.000 Vorbestellungen vor. Die Produktion skalierten die Chinesen zügig – das Jahresziel für 2025 liegt nun bei 350.000 Fahrzeugen. Mittlerweile kann man den SU7 auch in Deutschland konfigurieren und bestellen – bisher allerdings nur beim Importspezialisten auto-china.com. Aber der Marktstart der Chinesen in Deutschland steht unmittelbar bevor. Auto motor und sport konnte den Wagen schon auf einer ersten Ausfahrt unter die Lupe nehmen:

Testredakteur Jens Dralle war jedenfalls beeindruckt: "Der Xiaomi SU7 Max zählt nach der ersten Ausfahrt sicher zu den derzeit überzeugendsten Fahrzeugen aus China. Vielleicht ist er wegen der ordentlichen Ergonomie, des zumindest bis zu einem gewissen Punkt gewissenhaft abgestimmte Fahrwerk und des günstigen Preises sogar das beste Angebot." Allerdings funktionierte noch nicht alles perfekt – gerade mit Blick auf die elektronischen Sicherheitsassistenten. "Bei der Assistenz gibt’s dagegen noch Nachholbedarf, die Bedienung muss man mögen. Und für ein Auto eines unbekannten Herstellers ohne konkretes Händler- und Servicenetz knapp 70.000 Euro auszugeben, braucht’s Mut."

Produktionsengpässe vorprogrammiert

Das zweite Modell der Marke, der SUV YU7 im Ferrari-Look, startet in China bei 253.500 Yuan (also etwa 30.000 Euro). Die AWD-Variante mit großer Reichweite ("Pro") liegt bei umgerechnet rund 33.300 Euro. Das Topmodell Xiaoumi YU7 Max kostet mindestens 329.900 Ruan – also knapp 40.000 Euro. Das bietet allerdings 690 PS, eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 3,2 Sekunden sowie eine Reichweite von bis zu 835 Kilometern. Damit positioniert sich das Modell als starke Alternative zum Tesla Model Y – und das zu einem viel niedrigeren Einstiegspreis.

Wegen der beeindruckenden Nachfrage sieht sich Xiaomi bereits zum zweiten Mal mit Produktionsengpässen konfrontiert. Die beiden bestehenden Werke sind auf jeweils 150.000 Einheiten jährlich ausgelegt. Um die Kapazitäten auszuweiten, hat sich das Unternehmen kürzlich ein weiteres Grundstück in der Nähe seines Werks in Peking für rund 80 Millionen Euro gesichert – ein klares Zeichen für langfristige Expansionspläne im E-Auto-Segment. Ob die auch in Europa und der Welt Früchte tragen?

Xiaomi in Deutschland

In Europa und speziell in Deutschland steckt Xiaomis Auto-Engagement nämlich noch in der Aufbauphase. Das Unternehmen baut immerhin schon ein Entwicklungszentrum in München auf, in dem unter anderem ehemalige BMW-Ingenieure an fahrdynamischen Verbesserungen und Europa-Anpassungen arbeiten sollen. Gleichzeitig läuft die Vorbereitung eines geplanten Markteintritts ab 2027 – zunächst in Deutschland, Frankreich und Spanien. Ein möglicher Vertriebsweg könnte dabei Xiaomis bestehendes Mi-Store-Netz sein, ein Online-Markt für Elektro-Gadgets. Stehen dort also demnächst Fahrzeuge zum Verkauf? Die Kombination aus Elektronik und Mobilität würde in jedem Fall zum Mut der Marke passen. Noch müssen sich Xiaomi-Interessenten aber an spezialisierte Importeure wenden.

Für einen ähnlichen Durchmarsch wie in China gibt es hierzulande aber auch Hürden: Der Markenname Xiaomi ist in Europa stark mit günstiger Unterhaltungselektronik assoziiert – ein klarer Gegensatz zum Premiumanspruch eines Performance-Elektroautos. Hinzu kommen logistische Herausforderungen, die Notwendigkeit eines funktionierenden Service- und Reparaturnetzes sowie regulatorische Anforderungen, insbesondere im Bereich autonomer Assistenzsysteme. Ein tödlicher Unfall mit einem SU7 in China im April 2025 hat dabei zuletzt auch Fragen zur Zuverlässigkeit des Fahrerassistenzsystems aufgeworfen. Der Erfolg in Europa wird also davon abhängen, ob Xiaomi den Übergang vom Tech-Giganten zum vertrauenswürdigen Automobilanbieter schafft.